Neuer Jakobsweg zwischen Rüdesheim und Kaub
Wallfahren und Wohlfühlen liegen nah beisammen
Buen Camino – 50 Pilger auf künftigem „Rheingau-Camino“ unterwegs
Kann man auf einem Weg wandern, den es offiziell noch gar nicht gibt? Man kann, wie 50 Pilgerwanderer am vergangenen Samstag bewiesen. Sie folgten der geplanten Route des künftigen „Rheingau-Camino“. Dieser soll die Lücke im Geflecht der Jakobswege in Deutschland schließen, die derzeit noch zwischen Kaub und Rüdesheim klafft.
Den Anstoß dazu gab Marcus Fischer, Pfarrer der Heilig-Kreuz-Gemeinde. Er richtete 2019 im Vorraum der Jakobuskirche Rüdesheim eine Camino-Pilger-Stempelstelle ein. Bei den Vorbereitungen fiel ihm auf, dass es von Kaub bis Rüdesheim keine Jakobsweg-Verbindung gibt. Dies verwunderte ihn umso mehr, als der hl. Jakobus nicht nur Namensgeber der örtlichen Kirche ist, sondern inklusive Jakobsmuschel auch das Wappen der Stadt ziert.
Mit seiner Idee, das Loch zu schließen, stieß Fischer beim Rheingauer Wanderexperten und Pilgerbegleiter Wolfgang Blum auf offene Ohren. Gemeinsam mit Martina Hock, einer pilgerbegeisterten ehrenamtlichen Mitarbeiterin der Pfarrei, erarbeitete er eine mögliche Route für den Lückenschluss mit dem künftigen Jakobsweg. Zudem kam das Trio überein, mit der offiziellen Eröffnung nicht so lange zu warten, bis alle behördlichen Genehmigungen zusammengetragen sind, sondern vorab eine Pilger-Pionier-Tour auszuschreiben.
Die Wallfahrt begann am Samstagmorgen um 7.30 Uhr am Bahnhof Kaub. Vor den 48 Teilnehmern lagen 27,7 Kilometer Wegstrecke mit aufaddierten 600 Höhenmetern im Aufstieg – ähnlich anspruchsvoll wie zwei Rheinsteigetappen. Vor dem Start stimmte Pilgerbegleiter Blum das Team auf die Tour ein, bevor Pfarrer Fischer die Wanderer mit einem Segen auf den neuen Weg schickte. Unterwegs streute Hock an ausgesuchten Rastpunkten kurze spirituelle Impulse ein. Sie handelten von Vertrauen und Vergeben, Rücksicht und Vorsorge, Hoffnung und Zuversicht.
Die Wanderung führte auf Prädikats- und Premiumwegen (Rheinsteig, Wisper Trail, Riesling-Pfad, Klostersteig, Hildegardweg) bis zum Marktplatz Rüdesheim. Vom Start ging es mit prächtigen Panoramablicken nach Lorch. Von dort starteten die Pilgerpioniere zur zweiten Teiletappe, die auf dem Gelände des St. Vincenzstiftes Aulhausen endete. Während der Rucksackrast nutzten einige Teilnehmer dort die Gelegenheit, die Marienkirche zu besuchen. Die beiden nächsten Anlaufpunkte waren die Abtei St. Hildegard und die Wallfahrtskirche in Eibingen. Zum Schluss schlenderten die Pilger zur Jakobuskirche am Marktplatz Rüdesheim. Hier nahmen sie nach neun Stunden zwar körperlich müde, innerlich aber überglücklich eine Urkunde in Empfang, die ihnen die Pioniertour „auf ewig“ dokumentiert.
Anschließend nahmen einige der Wanderer an der katholischen Messe teil, die Pfarrer Fischer unter das Motto „Pilgern und Wallfahren“ stellte. In seiner Predigt erinnerte der Geistliche daran, dass die Wanderer nicht nur äußerlich auf dem Weg waren, sondern auch eine „innere Reise“ unternahmen. Hock und Blum schilderten in kurzen Impulsen ihre Erfahrungen auf dem Weg. Beide betonten, dass die Erlebnisse beim Gehen in der bunt gemischten Gruppe für alle Teilnehmer eine wunderbare Erfahrung waren. „Wallfahren und Wohlfühlen liegen nicht nur wegen des gleichen Anlautes nah beisammen“, brachte es Blum auf den Punkt.
Ob die Route, die sie von Kaub nach Rüdesheim wählten, dem künftigen Verlauf entsprach, wissen die drei Organisatoren noch nicht. Offizieller „Träger“ des neuen Jakobsweg-Abschnittes „Rheingau-Camino“ wird die Hessische St. Jakobusgesellschaft in Frankfurt sein. Sie kümmert sich aktuell um die Abstimmungen mit den beteiligten Kommunen und Verbänden. „Wir sind auf einem guten Weg“, heißt es laut Blum aus Frankfurt. Er sagt es mit dem bekannten Pilgergruß noch kürzer: „Buen Camino!“
"RHEINGAU-CAMINO" von Kauf nach Rüdesheim wurde mit Pionier-Wallfahrt eröffnet.
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Pilgern heißt … mit den Füßen zu beten von Kaub nach Rüdesheim
Es liegt wie ein Spinnennetz über Deutschland: Das Netz der Jakobswege. Menschen pilgern seit Jahrhunderten nach Nordspanien. Auf dem Weg nach Santiago de Compostela wollen sie mit sich in Reine kommen. Wer genauer hinschaut, entdeckt im Rheingau einen weißen Fleck.
Zwischen den Marktplätzen von Kaub und Rüdesheim klafft ein Loch.
Es wurde im Juli 2023 geschlossen.
Drei Pilgerfreunde kamen dafür zusammen.
Für Martina Hock geht mit der Pionierwanderung ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Die Hebamme aus Rüdesheim engagiert sich ehrenamtlich in der Pfarrei Heilig Kreuz Rheingau. Schon 2018 regte sie an: ´Die Lücke sollte geschlossen werden.´
In Pfarrer Marcus Fischer fand sie früh einen Mitstreiter für diese Idee. Pilgern und Wallfahren wird im Rheingau schon durch die Hl. Hildegard und den Hl. Nikolaus thema-tisiert. Der Hl. Jakobus kam seit 2019 hinzu. Die Kirche St. Jakobus am Marktplatz in Rüdesheim bekam eine Stempelstelle im Foyer.
Dritter im Bunde wurde Wolfgang Blum, regionaler Wanderexperte und erfahrener Pilgerbegleiter auf dem Rheingauer Klostersteig.
Gemeinsam erarbeiteten sie eine Route zwischen Kaub und Rüdesheim. Blum betont dabei: „Das fehlende Teilstück des Jakobsweges muss entlang von bestehenden Prädikats- und Premiumwegen beschildert werden, damit betroffene Behörden und Verbände sowie private Grundstückseigentümer zustimmen“.
Er weiß als Wegepate auf dem Rheinsteig und dem Rheingauer Klostersteig, wie schwierig es werden kann, einen neuen Wanderweg zu beschildern.
„Ausgedacht ist eine Route schnell, doch der Teufel verbirgt sich, wie so oft, im Detail.“ Bevor das erste Schild genagelt und die erste Folie geklebt ist, müssen mit den betroffenen Kommunen und Behörden sowie eventuell privaten Eigentümern Nutzungsverträge geschlossen werden.
Offizieller „Träger“ des neuen Jakobsweg-Abschnittes wird die Hessische St. Jakobusgesellschaft in Frankfurt. Derzeit kümmern sich die Verantwortlichen um die Abstimmungen mit den beteiligten Kommunen und Kirchen. Sobald die Nutzungsverträge unterschrieben sind, soll das fehlende Teilstück zwischen den Marktplätzen von Kaub und Rüdesheim, entlang bereits bestehender Wanderwege, markiert werden. Doch bis zur „offiziellen“ Eröffnung wollen die drei begeisterten Pilgerwanderer nicht warten.
Mehr als 50 Pilger machten sich am Samstag, 22. Juli, zu einer Pioniertour auf dem künftigen Camino auf den Wegn. Ob die Route, die sie dabei pilgerten, die gleiche war, die nach den behördlichen Abstimmungen gewählt wird, wissen weder Marcus Fischer noch Martina Hock und Wolfgang Blum. Doch, es ist eine wunderschöne Strecke, davon konnten sich alle überzeugen.
Sie freuen sich genauso wie viele Pilgerwanderer, die seit Jahren auf den Lückenschluss des Jakobsweges im Welterbe Oberes Mittelrheintal warten, weil sie wissen: Man muss nicht unbedingt bis ans frühere Ende der Welt wandern, um den Weg zu sich selbst zu finden. Für den Anfang genügt auch schon der Rheingau.
Informationen zur Tour gibt es auf der Seite von Wolfgang Blum www.blum-wolfgang.de.