"Reliquienbild" nach 40 Jahren wieder aufgetaucht
Verschollen und wiedergefunden
Seit Jahrhunderten wurde ein vermeintliches „Reliquiar“, ein kunstvoll gestalteter Rahmen mit mehreren Reliquien verschiedener Heiligen, alljährlich im Fronleichnams-Altar in der Lorcher Straße in Lorchhausen gezeigt und verehrt.
Als die Familie Johann Gregor Rößler den Altar in ihrer Scheuneneinfahrt nicht mehr aufstellen konnte und die Tochter aus Altersgründen aufgab, überließ sie ihrer Nachbarin Lotte Holdinghausen auf deren Bitte hin das kostbare Stück.
Da die Weitergabe nicht bekannt wurde, galt das wertvolle Kleinod ab den 1960er Jahren als verschollen.
Frank, der Enkel von Frau Holdinghausen, entdeckte das gute Stück im Nachlass seines Vaters, Dr. Franz-Albert Holdinghausen, brachte es von Maintal-Hochstatt nach Lorchhausen und übergab es dem Schatzmeister des Heimatvereins Lorchhausen, Theo Nies.
Seit November 2020 ist es nun in der Obhut des Vereins.
Reliquienbild nach 40 Jahren wieder aufgetaucht
Schwester Klara lüftet das Geheimnis
Es waren nicht nur religiöse Gründe, diesen Schatz näher untersuchen und erforschen zu lassen.
Die damalige Äbtissin Schwester Dorothea von St. Hildegard, empfahl uns wohlwollend ihre Mitschwester Klara für diese Aufgabe. Schwester Klara hat herausgefunden, dass es sich nicht primär um ein Reliquiar handelt, sondern um ein „Agnus Dei.“
In der Stadt Rom war es seit dem 9. Jahrhundert üblich, Wachstäfelchen mit dem eingeprägten Relief des Gotteslammes (Agnus Dei) während der Kartage zu segnen und am Samstag nach Ostern an die Gläubigen auszuteilen, die sie für die private Andacht mit nach Hause nahmen.
Seit dem 15. Jahrhundert segnete der Papst selbst diese Wachstäfelchen, und zwar im ersten und danach in jedem siebten Jahr seiner Regierung. Sie hatten die Form von ovalen Wachsmedaillons und galten als „Sakramentale“, das sind Heilige Zeichen.
Wenn ich richtig liege, schreibt Schwester Klara, ist unser „Agnus Dei“ unter Papst Clemens XIII. ge-gossen worden und dass sie das genaue Datum der Segnung nicht mehr entziffern konnte. Es müsste aber 1759 oder 1766 gewesen sein.
Auf der Vorderseite trugen die Täfelchen die Darstellung des Agnus Dei (Gotteslamm), sowie das Weihejahr mit Namen des weihenden Papstes, auf der Rückseite ein Heiligenbild. Papst Clemens Xlll. wurde am 07. März 1693 in Venedig geboren, gestorben ist er am 02. Februar 1769 in Rom. Er war Papst von 1758 bis 1769.
Zur Verwahrung der auch nördlich der Alpen begehrten Agnus Deis, dienten Metallkapseln oder Behälter, die meist kunstvoll ausgestattet waren.
In unserem Fall ist es ein Holzrahmen mit kostbaren Verzierungen umgeben mit Reliquien von mehreren Heiligen, unter anderem auch der Hl. Ursula.
Nach dem Osterfest 1964 wurde der Brauch von den Päpsten aufgegeben. Wie, wann und auf welchem Weg dieses seltene Kultbild den Weg über die Alpen nach Lorchhausen gefunden hat, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.
Nach Beratung mit Pfr. Fischer soll unser neues „Heiligtum“ einen ge-eigneten Platz in der Lorchhäuser Kirche St. Bonifatius finden.
Wir danken Schwester Klara für diese bestimmt mühsamen Recherchen.
Hans Nies, Dorfarchivar