Sozialreformer, Visionär und Seelsorger
Vor genau 100 Jahren ist Lorenz Werthmann (1.10.1858 - 10.4.1921) gestorben: ein mutiger Sozialreformer, ein unermüdlicher Streiter für die gute Sache und ein kluger Visionär. Die Caritas und das Bistum Limburg gedenken am Samstag, 10. April, des Caritas-Gründers Lorenz Werthmann, der aus dem Rheingau stammte. Zu dessen 100. Todestag feiert Bischof Georg Bätzing zusammen mit Caritas-Präsident Peter Neher einen Gottesdienst in Geisenheim, der Geburtsstadt Werthmanns. Der Gottesdienst am 10. April ist im Livestream ab 11 Uhr sowohl auf der Internetseite des Caritasverbandes für die Diözese Limburg (www.dicv-limburg.de) als auch auf der Seite des Bistums zu sehen. „Der Tag steht unter dem Motto ‚Geht hinaus‘. Das Motto bezieht sich auf ein Zitat Werthmanns, wonach wir hinausgehen sollen mit dem Mut, uns im Augenblick der Not in den Strudel zu stürzen. Das beschreibt gut unseren Auftrag, gerade auch jetzt in Pandemiezeiten: Not sehen und handeln“, erklärt Diözesancaritasdirektor Jörg Klärner. „Wir wollen Werthmann würdigen, aber auch die vielen karitativ Engagierten, die Werthmanns Vermächtnis heute ein Gesicht geben.“
Im Pontifikalamt werden sechs Engagierte aus der Caritas Einblicke in ihre unterschiedlichen Arbeitsfelder geben. So wird das ehrenamtliche Engagement einer Teamleiterin der Tafel oder das einer Palliativschwester zur Sprache kommen, die gerade unter den Coronabedingungen auf die konkrete Not von Menschen antworten. Sie stehen stellvertretend für bundesweit 1,4 Millionen Haupt- und Ehrenamtliche der Caritas. Musikalisch gestaltet wird der Gottesdienst von einer Abordnung des Jugendchores am Rheingauer Dom unter der Leitung von Bezirkskantor Florian Brachtendorf. Der Festakt im Anschluss an den Gottesdienst wird coronabedingt ohne Gäste vor Ort stattfinden und kann sowohl im Livestream verfolgt als auch zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden. Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes Dr. Peter Neher hält einen Festvortrag. Außerdem wird der Archivar des Diözesancaritasverbandes Dr. Jan Kanty Fibich über Werthmann sprechen. Musikalisch umrahmt wird der Festakt von den Geigerinnen Monika Grabowska und Dorka Ujlaky sowie Florian Brachtendorf an der Orgel.
Bischof nahm Werthmann mit nach Freiburg
Werthmann wurde am 1. Oktober 1858 in Geisenheim am Rhein geboren. Nach dem Abitur in Hadamar, Studium und Priesterweihe in Rom, war er zunächst Sekretär von Bischof Joseph Blum. Nach Blums Tod war er zunächst Domkaplan in Frankfurt, bevor ihn der neue Bischof Christian Roos wieder als Sekretär berief. Als Roos Erzbischof von Freiburg wurde, nahm er Werthmann mit. Werthmann nahm sehr bewusst die Verelendung im 19. Jahrhundert und die Not vieler Menschen wahr. Er war ständig unterwegs, auch an Kriegsfronten.
„Keine Notlage darf einem fühlenden Herzen fremd sein“: Davon war Werthmann überzeugt. Das Ethos aus christlichem Glauben und die Nächstenliebe waren für den Seelsorger Antrieb der sozialen Arbeit. Die Caritas nannte er den „Dampf in der sozialen Maschine“. Er sah die vielen katholischen karitativen Initiativen und Einrichtungen, die als Antwort auf Notlagen überall entstanden. Diese galt es zum Wohl der Menschen zu bündeln. Werthmann baute als Bischofssekretär in Freiburg die grundlegenden Strukturen des Wohlfahrtsverbands auf, der bis heute als Dachverband und politische Vertretung der kirchlichen Sozialarbeit besteht. Er war die entscheidende Kraft für die Gründung des Deutschen Caritasverbandes am 9. November 1897 in Köln und war zugleich der erste Präsident des Verbandes. Nur drei Wochen später wurde in Wiesbaden dann der Caritasverband für die Diözese Limburg gegründet, der damit der älteste Diözesancaritasverband ist. Werthmann starb am 10. April 1921 in Freiburg. Heute ist die Caritas der größte Wohlfahrtsverband in Deutschland.
Video zu Werthmann: „Tut Gutes allen!“
Auf der Internetseite www.dicv-limburg.de ist ein Video mit dem Archivar Dr. Jan Kanty Fibich zu Lorenz Werthmann zu sehen. Dabei zeichnet Fibich Werthmann als hartnäckigen Reformer, der in vielen Dingen seiner Zeit voraus. „Er war natürlich auch Kind seiner Zeit, aber dennoch höchst modern: Er war Feminist und überzeugter Europäer“, so Fibich. „Er gilt als Gründervater der Caritas, genau genommen aber gibt es die Caritas natürlich so lange, wie es die Kirche gibt - seit 2000 Jahren.“ Die Explosion von karitativen Initiativen und Organisationen im 19. Jahrhundert rief Werthmann auf den Plan, er wollte Ordnung in das Chaos bringen, Ressourcen sparen und das jeweils Beste zum Nutzen der Notleidenden fördern. „Es muss ja nicht jeder Helferkreis das Rad neu erfinden“, so Fibich. So legte er den Grundstein für die heutige Form des Verbandes. „Und wenn Sie sich heute die Angebote von Caritas anschauen, stellen Sie fest, wie breit diese in ihren Diensten, Beratungsstellen und Hilfen aufgestellt sind. Mir fiele spontan keine Notlage ein, für die wir kein Angebot vorhalten“. Das wäre ganz im Sinne Werthmanns. Auch dass die Angebote allen Menschen offen stehen, war schon Werthmann wichtig, so Fibich. Werthmann selbst habe es einmal so zusammengefasst: „Tut Gutes allen!“