Schatzkiste Gotteslob 2024
"SCHATZKISTE GOTTESLOB"
Eine Reihe mit dem Titel „Schatzkiste Gotteslob“ erwartet Sie im Pfarrbrief und hier auf der Homepage. Darin möchte ich ihnen alte und neue Lieder unseres Gesangbuches nahe bringen. Aber auch Gebetstexte sollen hier vorgestellt und für den persönlichen Gebrauch empfohlen werden.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Lauretanische Litanei" - Gotteslob Nr.: 566 (Oktober 2024)
In unserer Geisenheimer Pfarrkirche zeigt der Marienaltar im mittleren Bereich vier ungewöhnliche Bilder: eine Rose, einen Turm, eine Arche und einen Stern. Diese Bilder finden Sie auch in der „Lauretanischen Litanei“ (im Gotteslob Nummer 566) wieder, die ich diesmal mit Ihnen näher anschauen möchte.
Die Lauretanische Litanei wurde im italienischen Wallfahrtsort Loreto, dem sie auch ihren Namen verdankt, 1531 erstmals gebetet – damals noch in der lateinischen Form. Im Laufe der Jahrhunderte haben Päpste die Litanei aber immer wieder mit neuen Anrufungen ergänzt, zuletzt auch Johannes Paul II., der den Ruf „Mutter der Kirche“ einfügen ließ.
Von der Form her ähnelt sie der Allerheiligenlitanei, doch ist es hier allein Maria, an die die Anrufungen gerichtet sind. Nach der klassischen Eröffnung mit den Rufen „Herr, erbarme dich“ und der Anrufung der Dreifaltigkeit, steht im ersten Abschnitt Maria als Mutter und Jungfrau im Mittelpunkt.
Der zweite Abschnitt ruft Maria in Bildern an, die ihren Ursprung in der Bibel oder in christlicher Poesie haben. Aus Platzgründen muss ich mich hier auf die Deutung der vier zu Beginn genannten Bilder beschränken.
Mit dem im Mittelalter sehr populären Bild der „geheimnisvollen Rose“ (rosa mystica) wird die Schönheit und Vollkommenheit der Gottesmutter besungen.
Die Worte des Hoheliedes (Hld 4,4) zeigen Maria als den „starken Turm Davids“ (turris Davidica) und würdigen damit ihre geschichtliche Rolle, den Messias als verheißenen „Sohn Davids“ zur Welt gebracht zu haben.
Die Anrufung als „foederis arca“ erinnert in gleicher Weise an die Arche Noahs (im Bild) wie an die „Bundeslade Gottes“ (in der Litanei). Durch sie erkennen wir in Maria diejenige, die den Stifter des Neuen Bundes mit Gott in ihrem Schoß getragen hat.
Als „Morgenstern“ (stella matutina) wird Maria zum Hoffnungszeichen, denn sie kündigt den neuen Tag an, der mit Christus, der Sonne, endgültig anbricht.
Der dritte Abschnitt der Litanei ruft Maria als Königin aller himmlischen Bewohner aber auch als „Königin vom heiligen Rosenkranz“ und „Königin des Friedens“ an, bevor mit dem Abschluss der Blick wieder auf das „Lamm Gottes“ und damit – ganz im Sinne Mariens – auf ihren Sohn Jesus Christus gelenkt wird.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Suchen und fragen" - Gotteslob Nr.: 457 (September 2024)
Der September ist bei uns geprägt durch die großen Wallfahrten nach Marienthal und nach Eibingen. Schon der Weg ist für viele eine gemeinsame Glaubenserfahrung. Dazu passt vielleicht auch das Lied, das ich Ihnen diesmal vorstellen möchte. Es trägt den Titel „Suchen und fragen“. Sie finden es im Gotteslob unter der Nummer 457.
Das Lied entstand in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts in Frankreich und wurde vom Mainzer Dominikaner Diethard Zils ins Deutsche übertragen. Mit der Melodie des griechisch-fran-zösischen Chansonniers Jo Akepsimas fand es bei der Neuauflage den Weg in unser Gotteslob.
Die drei Strophen zeichnen dabei einen Glaubensweg nach. Am Anfang steht das „Suchen und fragen, hoffen und sehn“. Diese Sehnsucht wird mich aber nicht zum Ziel führen, wenn ich dabei alleine bleibe. Daher steht im Zentrum der ersten Strophe das „miteinander glauben“. Indem ich mich den anderen öffne gewinne ich die Freiheit, Neues zu entdecken.
Doch wer einmal in den Glauben eingetreten ist, dem kann der andere nicht mehr gleichgültig sein. Hier beginnt das „aneinander glauben“, von dem die zweite Strophe spricht. Was für sich betrachtet merkwürdig klingt, wird durch den Verweis auf die „Klagenden“ und „Trauernden“ verständlich. Auf deren Armut „lässt Gott sich ein“, wie wir es in der Lebensgeschichte Jesu an vielen Stellen merken können. Daher können wir Gott in diesen unseren Nächsten entdecken und sie im Glauben als Schwester und Bruder annehmen.
Die dritte Strophe wirft einen Blick auf die Zukunft, die daraus entstehen kann. Aus dem „miteinander“ und „aneinander“ ist jetzt ein „füreinander glauben“ geworden. Als Gemeinschaft dürfen und sollen wir einander im Glauben mittragen, nicht um neue Fragen und Zweifel zu ersticken, sondern sie gemeinsam gut zu lösen. Am Ende steht das Leben in der Nachfolge Jesu, so wie er es uns vorgelebt hat: „leben für viele, Brot sein und Wein“.
Wer diesen Weg des Glaubens beschreitet, der immer wieder seine neuen Anfänge und Fortschritte kennt, dessen Blick auf die Welt wandelt sich. Der taucht ein in das große „Ja“, das Gott zu seiner Schöpfung spricht, und bringt es selbst durch sein Leben zum Klingen: „So spricht Gott sein Ja, so stirbt unser Nein“.
"Ich glaube dir, du Freund des Lebens" - Gotteslob Nr.: 843 (Juli/August 2024)
Die Sommerzeit schenkt Freiräume.
Gerade in den Ferien und im Urlaub habe ich die Gelegenheit, mich mit Themen intensiver zu beschäftigen, für die im Alltag sonst nicht so viel Platz bleibt. Ich lade Sie ein, die Gelegenheit dieses Freiraums zu nutzen, um Ihren persönlichen Glauben genauer in den Blick zu nehmen. Das Lied „Ich glaube dir, du Freund des Lebens“, das Sie unter der Nummer 843 im Gotteslob finden, kann Ihnen dabei eine Hilfe sein.
Während wir in der Regel zunächst danach fragen, was wir glauben, verfolgt unser Lied von Anfang an einen anderen Ansatz. „Ich glaube dir“, so singen wir zu Beginn jeder Strophe. Damit macht uns der Hofheimer Franziskanerpater Helmut Schlegel darauf aufmerksam, dass wir an einen Gott glauben, der ein Du, ein Gegenüber ist. Wir glauben nicht nur etwas, sondern glauben ihm, dass er uns durch unser Leben führt. Deshalb können wir ihm auch vertrauensvoll sagen: „Was auch geschieht, nichts ist vergebens, weil ich in dir geborgen bin.“
Mag man bei der ersten Strophe noch eher Gott Vater im Blick haben, lenkt die zweite Strophe unseren Blick mit dem Hinweis „der Mensch ward und mir Bruder ist“ auf Jesus Christus.
Mit ihm hat sich Gott sichtbar an unsere Seite gestellt. Nun darf ich ihn in allen Lebenslagen, „in Freud und Schmerzen“ bei mir wissen, den „Wegbegleiter, Jesus Christ“.
Nach den ersten beiden Strophen wundert es nicht, dass im Mittelpunkt der letzten Strophe nun der Heilige Geist steht. Als „Lebensfeuer, das in uns brennt“ wird er benannt und angenommen. Seine Kraft geht über das Gefühl von Geborgenheit und die Wegbegleitung hinaus. Er ist die Kraft zur Erneu-erung, die auch vor dem Tod nicht Halt macht. Denn erst als vom Tode Befreite gewinnen wir den Mut, uns den immer neuen Herausforderungen des Lebens zu stellen.
Mir zeigt dieses Lied: Der Glaube an etwas ist tot. Der Glaube an jemanden, nämlich an den dreifaltigen Gott ist lebendig, schenkt Sicherheit und macht lebendig. Der Herborner Musiklehrer Joachim Raabe hat das durch seine Melodie mit ihrem Wechsel aus lebhaften Achtelnoten und dem sicheren Schreiten der Viertel- und halben Noten sogar hörbar gemacht.
So wünsche ich Ihnen eine erholsame Zeit mit Gott, dem „Freund des Lebens“.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Psalm 84 - Die Freude am Heiligtum" - Gotteslob Nr.: 653,4 (Juni 2024)
Gebete singen und singend beten – das gelingt in meinen Augen am besten mit den Psalmen. Deshalb greifen auch viele Lieder unseres Gotteslobes auf Motive der Psalmen zurück. Heute jedoch möchte ich mit Ihnen auf die biblischen Psalmen selbst schauen, wie sie mit einfachen Vertonungen, die nicht vom Text ablenken, in unserem Gotteslob stehen. Uns begegnen sie regelmäßig als Antwortgesang nach den Lesungen der Messfeier.
Etwa die Hälfte der 150 Psalmen wurde in unser Gesangbuch aufgenommen. Sie finden sie verteilt jeweils am Beginn von Stamm- und Regionalteil (31-80 und 701-709), sowie eingebunden in die Tagzeitenliturgien (613-667).
Die Psalmen, die schon seit fast 3000 Jahren den Gläubigen als Gebetsschatz dienen, spiegeln alle Dimensionen des menschlichen Lebens wider: Freude und Leid, Jubel und Trauer, Zorn und Verzweiflung, Vertrauen und Zuversicht. Und noch etwas macht das Gebet der Psalmen für mich so besonders: Jesus selbst hat mit den Psalmen gebetet, die oft schon ahnend von ihm sprechen. So kann auch ich in den Psalmen nicht nur zu Christus beten, sondern auch mit ihm zu Gott dem Vater.
Da in diesem Monat einige Kirchweihfeste begangen werden, möchte ich mit Ihnen exemplarisch Psalm 84 (im Gotteslob Nummer 653,4) näher anschauen.
Die ersten Verse des Psalms unterstreichen den Titel, den man ihm gegeben hat: „Die Freude am Heiligtum“. Diese, in biblischer Zeit auf den Jerusalemer Tempel gerichtete, Freude spüre ich aber z.B. bei Taufen und Trauungen auch in unseren Tagen in der Verbundenheit der Christen zur Kirche ihres Heimatortes.
Aber schon der dritte Vers erinnert mich an Jesus, der von sich gesagt hat: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ (Mt 8,20). Darin spiegelt sich auch die Rastlosigkeit unseres Lebens, die der Psalm in das Bild der Wallfahrt bringt, bei der der Tempel zugleich Ziel und Ruhepunkt auf dem Weg ist. Ein schönes Bild auch für unsere Kirche, in der uns Christus als Quelle mitten im „trostlosen Tal“ Stärkung gibt. Mit Gott als „Sonne und Schild“ kann ich vertrauensvoll meinen Lebensweg gehen und – wie am Ende jedes Psalms, in den Lobpreis des „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist…“ einstimmen.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Im Himmel hoch verherrlicht ist" - Gotteslob Nr.: 785 (Mai 2024)
Dem Fest „Christi Himmelfahrt“, das wir auch dieses Jahr wieder im Mai feiern, ist das Lied zugeordnet, das ich heute mit ihnen näher anschauen möchte.
Diesem Lied gelingt es, in wenigen Sätzen die wichtigsten Inhalte des Festes zu vermitteln. Sie finden es unter der Nummer 785 im Gotteslob. Es trägt den Titel „Im Himmel hoch verherrlicht ist“.
Der Autor des Liedes ist uns nicht bekannt, jedoch ist der Text 1974 wahrscheinlich im Gebiet von Mainz entstanden. Die Melodie, die in einem fröhlich-schwungvollen 6/4-Takt gehalten ist, ist schon wesentlich älter. 1613 wurde sie in Konstanz komponiert. Doch in der Kombination liegt uns so die Fassung vor, wie wir sie von den Gottesdiensten und Prozessionen des Festtages her kennen.
Schon die erste Strophe stellt klar, dass es sich bei der „Himmelfahrt“ nicht um eine Fahrt im klassischen Sinne, also die Überwindung einer Strecke, sondern um die „Verherrlichung“ des Gottes-sohnes geht, durch die Christus als „der Völker Heiland“ eingesetzt und erkannt wird.
Den Grund der Verherrlichung erfahren wir in der zweiten Strophe. Im Tod, den Christus für uns erlitten hat, hat er sich trotz des Leids ganz „in des Vaters Hand“ gegeben. Mit der Himmelfahrt hat uns Christus nicht verlassen, sondern bleibt, wie die dritte Strophe betont „bei seinem Volk zugleich“.
Doch die Form seiner Präsenz bei uns hat sich verändert. Nun ist er „in seiner Zeugen großer Schar“ gegenwärtig, wie die vierte Strophe herausstellt.
Die fünfte Strophe erklärt, indem sie das Pfingstereignis vorwegnimmt, wie das gelingen kann: Weil sie „von seines Geistes Licht erhellt“ sind, werden sie zu seinen Boten für die ganze Welt. Und dadurch verändert sich die Welt, wie die sechste Strophe verkündet: „Soweit die Welt sich zu ihm kehrt, wird sie vollendet und verklärt.“
Diese österliche Veränderung durchdringt Zeit und Raum und erreicht so auch uns. Darum steht am Ende unseres Liedes ein Entschluss, der vom österlichen Jubelruf Halleluja eingerahmt wird. „Drum lasst uns leben in der Zeit, Halleluja, für Gottes Reich der Herrlichkeit, Halleluja.“
Konrad Perabo, Pfarrer
"Vom Tode heut erstanden ist" - Gotteslob Nr.: 324 (April 2024)
Der ganze April ist geprägt von der Osterfreude. Daher möchte ich mit Ihnen diesmal das Osterlied „Vom Tode heut erstanden ist“ näher in den Blick nehmen, das Sie im Gotteslob unter der Nummer 324 finden.
Wie viele Osterlieder geht auch dieses auf einen alten lateinischen Hymnus zurück, der bereits seit dem 14. Jahrhundert im schweizerischen Engelberg gesungen wurde. So ist die erste Strophe eine fast wörtliche Übertragung des alten „Surrexit Christus hodie“.
Auf die Melodie, die ebenfalls aus dieser Zeit stammt, hat die Schweizer Benediktinerin Silja Walter (Schwester M. Hedwig OSB) in den 60-er Jahren drei weitere Strophen ergänzt.
In der ersten Strophe liegt – unterstützt vom Dreiertakt der Melodie – der Akzent auf dem „heut“ und verweist uns damit auf das liturgische „Heute“, das uns gerade in der Osterwoche immer wieder daran erinnert, dass wir nicht nur ein historisches Geschehen feiern, sondern selbst daran teilhaben. Christus ist durch seine Auferstehung so auch für uns zum „Tröster“ angesichts der Hoffnungslosigkeit des Todes geworden.
Die zweite Strophe bekräftigt das, wenn sie davon spricht, dass „die ganze Erde staunt und bebt“. Das Osterwunder war nicht vorhersehbar und erschüttert in positiver Weise die Welt bis in die Grundfesten. Denn nicht nur ein Mensch wurde wieder lebendig, sondern „der Tod ist tot, das Leben lebt“. Das erinnert mich an die ostkirchlichen Auferstehungsikonen, auf denen unter dem siegreichen Christus der Tod als Person gefesselt daliegt. Dieser Anblick wird zum sichtbaren Zeichen, dass „Gottes Herrlichkeit anhebt“.
Mit der dritten Strophe entfernt sich das Lied bewusst vom historischen Geschehen und lenkt den Blick auf uns. „Des Herren Sieg bricht in uns ein“. Der Auferstandene nimmt sich auch der Todesschatten unserer Seele an, um dort „Riegel, Schloss und Stein“ zu sprengen und uns zu befreien. „In uns will Christus Sieger sein“.
So mündet die letzte Strophe in den Jubel über die Erlösung, die jedem von uns und dem ganzen All zuteilgeworden ist. Denn Christus hat geheilt, was durch den Sündenfall des Menschen im Paradies tödlich verwundet war. „Die Welt steht auf von ihrem Fall“ – und mit ihr auch wir, um dankbar in das österliche Halleluja einzustimmen.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Du Sonne der Gerechtigkeit" - Gotteslib Nr.: 269 (März 2024)
Langsam wird es wieder heller, die Sonne gewinnt an Kraft und die Tage werden länger. Doch das soll für uns nicht eine äußerliche Erfahrung bleiben, die wir nur beobachten. Die Fastenzeit, die den Monat März prägt, lädt uns ein, dieses Geschehen der Natur auch innerlich mit zu vollziehen.
Das Lied „Du Sonne der Gerechtigkeit“, das unter der Nummer 269 im Gotteslob zu finden ist, greift daher bewusst diese frühlingshaften Erfahrungen auf. Es geht zurück auf den lateinischen Hymnus „Iam, Christe, sol iustitiae“ aus dem 6. Jahrhundert, der noch heute im Original oder einer Übersetzung in der Fastenzeit in den Klöstern am Morgen gebetet und gesungen wird.
Die Melodie aus dem 12. Jahrhundert ist für unsere modernen Ohren nicht besonders eingängig, kann bei Bedarf aber auch leicht durch eine bekanntere Melodie ersetzt werden.
Das Lied besingt natürlich nicht den Himmelskörper, der uns Licht und Leben schenkt, sondern Christus, von dem wir gleiches erhoffen und der daher im Bild der „Sonne der Gerechtigkeit“ angerufen wird.
Die erste Strophe nimmt bewusst die Nacht in uns in den Blick, die von Christus vertrieben und erhellt werden soll. Das ist nicht unbedingt angenehm. Die Sonne bringt es an den Tag. Auch das, was wir vielleicht lieber im Dunkel halten würden.
Doch die zweite Strophe erkennt bereits, dass dies eine Chance, eine „Gnadenzeit“ ist, die mir die Möglichkeit zur Korrektur und Orientierung auf den rechten Weg schenkt.
In der dritten Strophe wird diese Chance wieder in ein wunderbares Bild der Natur gefasst. Die Sonne bringt nicht nur die karge Winterlandschaft zum Vorschein, sondern lässt sie auch neu grün werden.
So dürfen auch wir in der Fastenzeit schon das nahende Osterfest als Hoffnungstag in den Blick nehmen: „Es kommt der Tag, dein Tag erscheint, da alles neu in Blüte steht, der Tag der unsere Freude ist, der Tag, der uns mit dir versöhnt.“
Wie jeder Hymnus der Stundenliturgie endet auch dieses Lied mit dem Lobpreis der Dreifaltigkeit und einer Ermutigung. „Lass uns, durch deine Gnade neu, dich preisen durch ein neues Lied.“
So sei ihnen dieses Lied ein guter Begleiter bei der geistlichen Erneuerung auf dem Weg zum Osterfest.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Wohin soll ich mich wenden" - Gotteslob Nr.: 145 (Februar 2024)
In diesem Jahr ist die erste Hälfte des Februars der Fröhlichkeit der Fastnacht gewidmet, während die zweite Hälfte vom Ernst der österlichen Bußzeit geprägt ist. Beides miteinander verbinden kann vielleicht auch das Lied, das ich ihnen heute vorstellen möchte. Sie finden es mit dem Titel „Wohin soll ich mich wenden“ unter der Nummer 145 im Gotteslob.
Es ist Teil der „Deutschen Messe“, die Franz Schubert im Jahr 1827 komponiert hat. Den Text hat Johann Philipp Neumann beigesteuert, der zur gleichen Zeit Professor an der Wiener Technischen Hochschule war.
Die erste Strophe des Liedes nimmt das menschliche Bedürfnis in den Blick, sich über wichtige Ereignisse auszutauschen. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude. Was bereits sprichwörtlich geworden ist, das soll auch im geistlichen Leben gelten. „Zu dir, zu dir, o Vater, komm ich in Freud und Leiden, du sendest ja die Freuden, du heilest jeden Schmerz.“
Die zweite Strophe drückt die Dankbarkeit für die treue Wegbegleitung Gottes durch die Höhen und Tiefen des Lebens aus. Dadurch bin ich nicht „in Zufalls Hand“, sondern weiß mich von dem getragen, „der meinen Wegen ein sichres Ziel verleihet“.
Über dieses besondere Geschenk, diese Gnade, wie wir in kirchlicher Sprache sagen, gerät unser Lied in der dritten Strophe selbst ins Staunen.
Habe ich das überhaupt verdient? – so lautet die bange Frage, angesichts der schmerzlich erfahrenen eigenen Unzulänglichkeit und Schuldhaftigkeit. Doch das Lied zeigt hier auch einen Ausweg auf, der im Gleichnis vom verlorenen Sohn sein Vorbild findet. „Mit kindlichem Vertrauen eil ich in Vaters Arme fleh reuerfüllt: Erbarme, erbarm, o Herr, dich mein!“
Die letzte Strophe erinnert sich – in Anlehnung an Mt 11,28 – noch einmal an das Wort Jesu: „Zu mir! Ich will euch laben, euch nehmen Angst und Not!“ Das lässt uns nach den sorgenvollen Fragen des Anfangs beruhigt und froh aufatmen. „Ich darf entzücket mit Dank und Preis und Jubel mich freun in meinem Gott.“
Fröhlichkeit und Ernst, beides hat seinen Platz in unserem Leben, und beides hat seinen Platz in unserer Beziehung zu Gott.
Konrad Perabo, Pfarrer
"Du teilst es aus mit deinen Händen" - Gotteslob Nr.: 209 (Januar 2024)
Der Jahresbeginn ist die Zeit der guten Wünsche, die wir einander mit auf den Weg geben. Statt großer, vielleicht unerfüllbarer Wünsche möchte ich ihnen das „tägliche Brot“ wünschen, um das wir auch im „Vater unser“ beten, also das wirklich Notwendige für jeden Tag.
Passend zu diesem Wunsch habe ich ein Lied ausgewählt, das im Gottesdienst seinen Platz bei der Kommunionausteilung hat. Es trägt den Titel „Du teilst es aus mit deinen Händen“ und steht unter der Nummer 209 im Gotteslob.
Den Text verdanken wir dem Frankfurter Pfarrer Lothar Zenetti, der darin viele biblische Aussagen verarbeitet hat. Der Leipziger Kirchenmusiker Kurt Grahl, der die Vertonung übernommen hat, hat die Melodie ganz dem schlichten, aber tiefgründigen Text untergeordnet, was an den zahlreichen Taktwechseln und der einfachen Melodieführung zu erkennen ist.
In Form eines Gebetes wird Christus angesprochen als der Geber aller Gaben. „Du teilst es aus mit deinen Händen an uns, das immer neue Brot.“ Hier ist in gleicher Weise das tägliche Brot gemeint, das unseren Alltag nährt, wie auch das Brot der Eucharistie. Beide Aspekte kommen hier zusammen.
Das wird auch deutlich, wenn wir uns die zweite Gabe anschauen. „Du schenkst uns ein das Blut der Trauben, den Kelch mit bittersüßem Wein.“
Auch hier sind die frohen wie die leidvollen Erfahrungen des Alltags angedeutet, die sich in der bitteren Erfahrung des Kreuzes Jesu widerspiegeln, das für uns aber die „süße“ Erlösung gebracht hat.
So führt uns Lothar Zenetti mit diesem Lied hinein in ein tieferes Verständnis der Verbindung von Eucharistiefeier und unserem Leben. Im „täglichen Brot“, das uns im Alltag stärkt, dürfen wir Jesu Gegenwart und Stärkung erfahren. „Das ist mein Leib, das ist mein Leben.“ Und auch in den bittersüßen Momenten des Alltags dürfen wir uns dem verbunden wissen, der für uns sein Blut vergossen und mit uns den Bund geschlossen hat, „der euch zum Volke Gottes macht“.
So unterschiedlich unsere Lebenserfahrungen auch sein mögen, uns verbindet, dass wir auch im Alltäglichen Christus finden. „Herr, mach uns darin eins im Glauben und lass uns deine Zeugen sein.“
"Wir sind nur Gast auf Erden" - Gotteslob 505 (November 2024)
Im Totenmonat November möchte ich mit Ihnen einen Blick auf ein bekanntes Lied werfen, das bei Beerdigungen gerne gesungen wird. Ich spreche von dem Lied „Wir sind nur Gast auf Erden“, das Sie im Gotteslob unter der Nummer 505 finden. Getextet wurde es vom Journalisten und Kirchenlieddichter Georg Thurmair. Und der Musikpädagoge und Komponist Adolf Lohmann steuerte die getragene Melodie bei.
Was viele nicht wissen: Es ist zunächst gar nicht für Beerdigungen geschrieben worden. 1935 wurde es als „Reiselied“ in einer Jugendzeitschrift veröffentlicht. Auf dem Hintergrund seiner Entstehung in der Nazizeit lassen sich einige Formulierungen im Lied auch als versteckte Kritik am damaligen Regime lesen. „In diesen grauen Gassen“ und „mit mancherlei Beschwerden“ fiel es den Christen damals nicht leicht, „den Weg zum Vaterhaus“ zu finden.
Für uns heute steht beim Singen dieses Liedes jedoch eher die Rückschau auf das Leben eines Verstorbenen und der hoffnungsvolle Ausblick auf seine Vollendung im Vordergrund.
Die ersten beiden Strophen fassen den christlichen Blick auf das menschliche Leben zusammen. Es ist eine Lebens-reise, auf der wir ruhelos unterwegs sind. Diese kennt auch ihre beschwerlichen, beängstigenden und einsamen Abschnitte, ist aber trotzdem auf ein klares Ziel ausgerichtet, denn es geht immer „der ewigen Heimat zu“.
Die dritte Strophe erinnert uns daran, dass wir diesen Weg nicht allein gehen müssen. Selbst da, wo menschliche Begleiter nicht mitgehen können oder wollen, bleibt Christus an unserer Seite.
So unterschiedlich die Wege durchs Leben sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, die „aus dieser Welt hinaus“ führen. Daran erinnert uns die vierte Strophe, verbunden mit der bittenden Hoffnung, dass trotzdem alle diese Wege „zum Vaterhaus“ führen.
Gerade bei Seeleuten ist es ein gängiger Brauch, dass die Angehörigen ein Licht ins Fenster stellen, damit ihre Lieben den Weg nach Hause finden. Dieses Bild greift die letzte Strophe auf und verweist damit zugleich auf Jesus Christus, der unser Licht ist, und mit dessen Hilfe wir und unsere Verstorbenen auch im Tod „nach Haus“ ins Leben finden.
Seit 2018 beschreibt Pfarrer Konrad Perabo monatlich Lieder, die wir im Gotteslob finden. Hier finden Sie die älteren Ausführungen.
Schatzkiste Gotteslob aus dem Jahr 2018
Schatzkiste Gotteslob aus dem Jahr 2019
Schatzkiste Gotteslob aus dem Jahr 2020
Schatzkiste Gotteslob aus dem Jahr 2021